Neue Funktion zeigt Reise-Destinationen im In- und Ausland

Wo soll’s hingehen?Bild: watson / Shutterstock

Review

Bequem mit dem Handy ÖV-Reisen ins europäische Ausland buchen: Dazu möchten die SBB mit ihrer neuen App animieren. watson konnte das Ganze vorab testen und beantwortet die wichtigsten Fragen.

Daniel Schurter

Was lange dauert, wird endlich gut: Über «SBB Mobile», die meistinstallierte ÖV-App der Schweiz, können seit Ende Oktober auch internationale Zugreisen gebucht werden.

In diesem Beitrag erfährst du, wie die SBB mit einer App-Neuerung die Nutzung weiter ankurbeln und gegen die internationale Konkurrenz antreten wollen.

watson hat dafür die neue Version der «SBB Preview»-App vorab ausprobiert. Und wir klären die wichtigsten Fragen rund um den Kauf von Auslands-Tickets, die begehrten Nachtzüge und das Halbtax Plus.

Warum ist das wichtig?

Vermehrt nutzen Reisende das ÖV-Angebot und die dazugehörigen Ticket-Apps nicht nur für ihren Alltag (etwa fürs Pendeln oder im Nahverkehr), sondern auch für Freizeitaktivitäten, Ausflüge und Ferien.

SBB-Mobile-Leiter Sayanthan Jeyakumar hatte es 2022 beim damaligen Redesign der SBB-App versprochen – und er konnte mit seinem Team Wort halten: Nach einmonatiger Testphase mit der «SBB Preview»-App ist der Kauf von Ausland-Tickets seit dem 23. Oktober 2024 auch in der offiziellen SBB-App möglich.

Damit wird ein echtes Kundenbedürfnis abgedeckt, wie die bisherigen Verkaufszahlen zeigen.

«Nach rund einem Monat in Betrieb, verzeichnen wir ein stetiges Wachstum im internationalen Vertrieb auf dem Mobile-Kanal mit rund 3000 Käufen pro Tag.»

Sayanthan Jeyakumar

Im November 2024 verkauften die SBB bereits rund ein Drittel der Billette für internationale Reisen per App. Die «Top-Destinationen» waren neben der norditalienischen Metropole Mailand die französischen Städte Paris und Lyon sowie Strasbourg und Colmar (Elsass).

Die Nachfrage nach Zugreisen in die Nachbarländer habe in den letzten Jahren «enorm zugenommen», erklärt der SBB-Mobile-Leiter. Positiver Nebeneffekt des immer beliebteren Online-Ticketverkaufs, ob über die Smartphone-App oder im Web: Damit werden die nervigen Warteschlangen in den Reisezentren kürzer.

Sicher ist auch: Kurzstreckenflüge sind ein Klimakiller, auf den wir dank guter ÖV-Verbindungen zu vernünftigen Preisen verzichten können. Greenpeace und andere Umweltschutz-Organisationen sprechen sich denn auch seit Jahren für ein Verbot solcher Flüge und die Förderung von klimafreundlichen Verkehrsmitteln aus.

Obwohl die kommerzielle Luftfahrt wie vor der Corona-Pandemie boomt, lässt das individuelle Reiseverhalten auch hoffen: Immer mehr Schweizerinnen und Schweizer geniessen die Vorzüge einer längeren Bahnfahrt.

Und nun erhält die SBB-Mobile-App eine weitere sinnvolle Funktion, die perfekt dazu passt. watson konnte sie vor der offiziellen Lancierung ausprobieren.

Was ist neu?

Die SBB-Mobile-App erhält einen Bereich, den die Verantwortlichen «Inspiration» nennen. Im Prinzip ist es so etwas wie die Startseite eines Reisebüros.

Screenshot: SBB Preview (Dez. 2024)

Neben europäischen Städten wird von Zürich aus auch eine Reise aufs Jungfraujoch empfohlen.Bild: watson

Der SBB-Mobile-Leiter räumt ein: «Unsere Plattformen sind heute nicht ausgereift, was das Erkunden, Planen und Vergleichen von Reiseangeboten betrifft.» Dies wolle man mit dem neuen App-Bereich ändern.

Die «Inspirationsfunktion» soll bei der Planung eigener Reisen und dem Vergleichen von Angeboten im Freizeit- und Ferienverkehr helfen. Und dies gelingt den Machern der SBB-App, wie der Praxistest zeigt:

  • Die Benutzerfreundlichkeit (Usability) ist bei der neuen SBB-App-Funktion gewohnt hoch.
  • Mit nur einem Tippen gelangt man in den Bereich «Inspiration», wo verlockende Destinationen mitsamt Bild und Tiefstpreis angezeigt werden.
  • Die App wirkt wohltuend aufgeräumt und es kommt nicht zu einem Überforderungsgefühl, wenn man durch die Angebote und Optionen navigiert.
Screenshot: SBB Preview. Die SBB-Mobile-App soll eine neue Inspirationsfunktion erhalten. (Dez. 2024)

Es werden nur die wirklich buchbaren Verbindungen angezeigt. Und in Grün werden Sparangebote und Tiefpreise angezeigt.screenshot: SBB

Sind die Ticket-Preise konkurrenzfähig?

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Die ÖV-Preise sind ein leidiges Dauerthema.gif: watson

Wie der SBB-Mobile-Leiter erklärt, läuft der Datenverkehr beim Buchen von internationalen Reisen über das zentrale Vertriebssystem der SBB. Dieses interne System beziehe die Informationen über einen technischen Vermittler (Drittfirma). Die internationalen Billette werden dann direkt von den Partner-Bahngesellschaften bezogen. Somit sei jederzeit sichergestellt, dass die Kundschaft von aktuellen Angeboten profitiert.

Der Ticketkauf an sich läuft wie gewohnt ab

Screenshot: SBB Preview. Die SBB-Mobile-App soll eine neue Inspirationsfunktion erhalten. (Dez. 2024)

In wenigen Schritten gelangt man zur Reservation und Buchung.screenshots: SBB

Ein ausführlicher (internationaler) Preisvergleich war watson nicht möglich. Einzelne Test-Buchungen ergaben kleinere preisliche Abweichungen zu anderen ÖV-Apps, etwa zur Deutschen Bahn mit ihrem «DB Navigator» und zur italienischen Bahngesellschaft Trenitalia.

Screenshot SBB Preview (Dezember 2024).

Wenn man ins Suchfeld tippt, lässt sich das Land auswählen oder ein konkretes Ziel eingeben.screenshot: watson

Laut SBB sind je nach Reisedauer und Reisezielen Interrail-Pässe eine praktische und preiswerte Alternative.

Sparfüchse, die das günstigste Angebot für eine bestimmte Destination sichern möchten, dürften allerdings weiterhin auch zu ausländischen ÖV-Apps greifen. Der Grund dafür ist der Euro-Wechselkurs.

Was ist das Problem mit dem Wechselkurs?

Bekanntlich ist der Euro schon länger schwächer als der Franken. Doch die SBB geben die Preisdifferenz nicht mit einem tagesaktuellen Wechselkurs weiter.

Der «Tages-Anzeiger» hatte Anfang Dezember berichtet, die Anpassung des Euro-Wechselkurses bedinge laut SBB diverse technische Anpassungen und erfolge in 5-Rappen-Schritten. Per 1. Dezember sei er nun auf 95 Rappen für einen Euro angepasst worden.

Wenn also der Wert des Euro deutlich sinke, und man schnell ein Billett benötige, lohnt es sich, dieses eher über die ausländische Buchungsseite zu kaufen.

Dies könnte sich vielleicht schon bald ändern. Auf Nachfrage erklärt die SBB-Medienstelle:

«Es wird aktuell geprüft, ob es systemtechnisch möglich ist, den Wechselkurs häufiger anzupassen.»

Wann kommt die neue SBB-App?

Zunächst ist die «SBB Preview»-App dran. Ab dem 12. Dezember soll das Update für die iPhone-Version verfügbar sein. Die Android-Version folge im Januar.

Das Entwicklerteam von SBB Mobile hält also am bewährten Vorgehen fest, wonach neue App-Funktionen zunächst von einer freiwilligen Community auf Herz und Nieren geprüft werden. Diese umfasst derzeit rund 250’000 aktive User.

Ausprobieren und mitreden 😉

Alle Informationen zur «SBB Preview»-App (für iPhone/iPad und Android) sind unter sbb.ch/preview zu finden. Dort wird erklärt, wie sich die User für die Community einfach registrieren und die App installieren. Wer mitmacht, kann Fehler melden, Verbesserungsvorschläge einbringen und über neue App-Funktionen abstimmen.

Erst nach einer längeren Testphase werden bewährte Neuerungen in die Haupt-App übernommen und stehen dann 4,5 Millionen Usern zur Verfügung.

PS: Für ÖV-Nutzerinnen und -Nutzer, die genau wissen, wohin sie wann wollen, ändert sich nichts. Sie können mit dem 2022 eingeführten Touch-Fahrplan oder traditionell durch Eingeben eines Start- und Zielortes das gewünschte Billett lösen. Dies macht noch den Löwenanteil der Ticketverkäufe aus (nämlich über 75 Prozent).

Für welche Länder gibt es den Ticket-Kauf per SBB-App?

Internationale Zugreisen können schon heute mit der bestehenden SBB-Mobile-App gebucht werden. Alle «buchbaren und nicht buchbaren Länder» findet man hier auf der SBB-Website. Darunter sind alle Nachbarn der Schweiz und die Benelux-Staaten, wobei das Angebot an Destinationen zum Teil eingeschränkt ist.

  • Belgien
  • Dänemark*
  • Deutschland
  • Frankreich
  • Italien
  • Kroatien*
  • Luxemburg
  • Niederlande
  • Österreich
  • Slowakei*
  • Slowenien
  • Tschechien*
  • Ungarn*

* Laut SBB nur «wichtigste Reiseziele».

Gut zu wissen: Es lassen sich in der SBB-App auch Reisen innerhalb der oben aufgeführten Länder buchen, wie zum Beispiel ein Zugbillett von Mailand nach Turin, inklusive Platzreservation.

Mit der aktuellen Lösung wird laut SBB bereits eine hohe Abdeckung erreicht, womit bereits 98 Prozent aller Kundenanfragen direkt bedient werden können.

Ergänzend biete man Eurostar-Fahrten nach London (Umsteigen in Paris), TGV-Fahrten nach Barcelona (ebenfalls Umsteigen in Frankreich), die wichtigsten (Tages-) Verbindungen nach und in Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Kroatien, sowie direkte Nachtzüge nach diversen Destinationen in Osteuropa an.

Screenshot SBB-App (SBB Preview, Dezember 2024)

Natürlich gibt es auch verlockende Reiseziele in der Schweiz, inklusive Spezialangeboten.Bild: watson

Was wird bei den Nachtzügen verbessert?

Die Nachtzüge sind vorerst auf sbb.ch und am Schalter buchbar. Im Verlauf des kommenden Jahres (2025) soll es dann auch über die SBB-App möglich sein.

Der Kauf von Nachtzug-Reservationen in der App ist also vorläufig nicht möglich. Jedoch werden die User für die Buchung direkt auf die SBB-Website geleitet.

Die SBB betreiben ihre Nachtzüge in Kooperation mit den ÖBB (Österreichischen Bundesbahnen) und weiteren Partner-Bahngesellschaften. watson hat die Verantwortlichen auf die kürzlich veröffentlichte Bewertung durch eine unabhängige NGO angesprochen, wonach das Nachtzug-Angebot eher schlecht abschnitt.

Die Erklärung der SBB-Medienstelle:

«Die Nightjet-Verbindungen ab der Schweiz sind im Branding von ÖBB Nightjet gehalten, nur teilweise ist ein Partnerlogo der SBB angebracht.

Der tiefe Wert im Rating der NGO Transport & Environment lässt darauf schliessen, dass die Bewertenden die Nightjet nicht als SBB-Produkt wahrnehmen. Bei der ÖBB ist dasselbe Produkt mit der Höchstzahl von 10 Punkten bewertet.»

Tatsächlich sei Zürich nach Wien der zweitgrösste Nachtzug-Hub in Europa, täglich starten und enden 8 Verbindungen in Zürich, davon 5 Nightjet-Verbindungen.

Was fehlt (noch)?

Der meist geäusserte Kundenwunsch sei «die grafische Platzreservation», erklärt der SBB-Mobile-Leiter. Die Leute wünschen sich also das System, wie es die Fluggesellschaften (und gewisse SBB-Konkurrenten im Ausland) seit vielen Jahren kennen: Beim Buchen einer Reise lässt sich der genaue Sitzplatz auswählen.

Dies sei als nächster grosser Entwicklungsschritt für 2025 eingeplant, verraten die App-Entwickler. Und:

«Im App-Bereich Inspiration können wir uns vorstellen, in Zukunft noch weitere Filter einzubauen, wie Direktverbindungen, Nachtzüge etc., die ein besseres Kundenerlebnis bieten können bei der Planung und Buchung von nationalen und internationalen Ferien- und Freizeitreisen.»

Und das Halbtax Plus?

Schliesslich müssen wir auch noch kurz über das Halbtax Plus sprechen. Wer dieses bereits ziemlich populäre ÖV-Angebot als Bezahlkarte in seiner SBB-App hinterlegt, wird darauf hingewiesen, dass damit keine internationalen Reisen bezahlt werden können. Es handelt sich um ein rein schweizerisches Angebot.

Um eine internationale Reise zu buchen, muss in der SBB-App also vom Halbtax Plus auf ein anderes Zahlungsmittel gewechselt werden. Dann gilt es, sich daran zu erinnern, dass für die nächste nationale Buchung wieder zurückgewechselt werden muss. Diese Unannehmlichkeit ist auch dem Entwicklerteam bekannt:

«Wir prüfen für die Zukunft, ob eine weitere Optimierung für das Handling der Zahlungsmittel für verschiedene Kaufanwendungen angegangen werden kann.»

Fazit des Redaktors

Was lange währt, wird richtig gut!

Dem Entwicklerteam ist es gelungen, in der SBB-App neben dem fahrplanbasierten Buchungsprozess ein attraktives «Schaufenster» zu schaffen, das mit gewohnt hoher Benutzerfreundlichkeit daherkommt. Mit wenigen Fingertippen kann man sich über die aktuellen Angebote informieren und inspirieren lassen und bucht im Handumdrehen die entdeckten Reise-Schnäppchen.

Zwar traten beim Ausprobieren der neuen SBB-Preview-App kleinere Kinderkrankheiten auf und phasenweise dauerten Datenbankabfragen sehr lang. Aber die neue Funktionalität steckt ja noch in der Beta-Phase. Das heisst, die Abläufe werden weiter verfeinert.

Die neue Funktionalität wird hoffentlich viele Leute zu Zugreisen innerhalb und ausserhalb der Schweiz animieren. Auf der Kurzstrecke ist das eine mehr als sinnvolle Alternative zum Fliegen.

Im Gespräch mit watson liessen SBB-Mobile-Leiter Sayanthan Jeyakumar und Product-Owner Janosch Mazzolini, die für die App-Entwicklung verantwortlich zeichnen, durchblicken, was ihr Team in Zukunft lancieren könnte.

Wenig verwunderlich steht die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) auch bei den SBB weit oben auf der Prioritätenliste. Die IT-Fachleute gehen davon aus, dass Apple mit der KI-Integration in die eigenen Geräte im kommenden Jahr wichtige Vorarbeit leistet.

Quellen

Mehr zur SBB-App