Unverhohlener Antisemitismus: Die Hisbollah macht aus ihrem Judenhass keinen Hehl.
01.10.2024, 10:2101.10.2024, 17:34
Einen Tag nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober begann die Hisbollah, die sich als Verbündete der Hamas sieht, mit dem andauernden Raketenbeschuss Nordisraels. Mindestens 80’000 Einwohner der israelischen Grenzregion mussten ihre Häuser verlassen und konnten bis jetzt nicht zurückkehren. Israel antwortete umgehend mit Luftangriffen auf Stellungen der Terrormiliz im Südlibanon und gezielten Tötungen von Hisbollah-Kommandanten.
Dieser Artikel wurde bereits im Januar 2024 publiziert und ist aus aktuellem Anlass aktualisiert und erneut veröffentlicht worden.
Mitte September eskalierte der begrenzte Krieg: Nachdem tausende Pager von Hisbollah-Mitgliedern explodiert waren, schaltete Israel mit gezielten Angriffen die gesamte Führungsriege der Terrormiliz aus, zuletzt auch Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah. Kurz darauf, am 30. September, marschierten israelische Truppen im Libanon ein.
Was aber ist die Hisbollah? Wie ist sie entstanden, wie stark ist sie und von wem wird sie unterstützt?
Was ist die Hisbollah?
Hisbollah, auch Hezbollah oder Hizbollah geschrieben, bedeutet «Partei Gottes» (Hizb Allah). Die radikalislamistische militante Schiitenorganisation hat ihren Hauptsitz im Libanon und ist zugleich politische Partei, soziale Wohltätigkeitsorganisation, bewaffnete Miliz und Terrororganisation. Im krisengeschüttelten Libanon, dessen staatliche Strukturen schwach sind, bildet die Hisbollah als Schutztruppe der einst sozial und politisch marginalisierten Schiiten eine Art Staat im Staate. Deren Anteil an der Gesamtbevölkerung hat sich seit den 50er-Jahren fast verdoppelt und beträgt mittlerweile mehr als 30 Prozent.
Als Vormacht der grossen schiitischen Bevölkerungsgruppe, die vornehmlich im Süden der Hauptstadt Beirut, im Südlibanon und in der Bekaa-Ebene im Nordosten lebt, dominiert die Hisbollah heute den Libanon politisch. Seit 2005 konnte sich keine libanesische Regierung ohne die Duldung der Hisbollah formieren, die selbst fast durchgehend mit Ministern im Kabinett vertreten war. Bei den Wahlen 2022 hat das Lager um die Hisbollah zwar die Mehrheit verloren, ist aber immer noch mit den meisten Sitzen im Parlament vertreten. Auch militärisch ist die Hisbollah die einzige ernst zu nehmende Kraft im Libanon; ihre Miliz ist grösser und weitaus schlagkräftiger als die reguläre libanesische Armee.
Flagge der Hisbollah: Die obere Zeile über dem Gewehr ist ein Zitat aus der Koran-Sure 5:56: «Die Partei Gottes sind die Obsiegenden.» Die untere Zeile bedeutet: «Der islamische Widerstand im Libanon.»Bild: keystone
Das Selbstverständnis der Hisbollah beruht auf islamistischen Positionen sowie einer revolutionär-schiitischen und antiwestlichen Gesinnung. Ihre hauptsächliche Legitimation bezieht die Organisation aber nach wie vor aus dem bewaffneten Kampf gegen ihren Erzfeind Israel. Die Vernichtung des jüdischen Staats ist erklärtes Ziel der Organisation, die aus ihrem Judenhass keinen Hehl macht. Aussenpolitisch aktiv ist die Hisbollah zudem im Nachbarland Syrien, wo sie im Bürgerkrieg seit 2012 die Truppen des Assad-Regimes gegen sunnitische islamistische Rebellen unterstützt. Syrien wiederum unterstützt die Miliz logistisch.
Die Hisbollah hat zahlreiche Angriffe und Terroranschläge auf Gegner im Libanon ausgeführt. So steckt sie vermutlich hinter der Ermordung des früheren Ministerpräsidenten Rafiq Hariri, der 2005 einer Autobombe zum Opfer fiel. Aber der lange Arm der Hisbollah reicht auch ins Ausland: 1994 starben in Buenos Aires 85 Menschen, als eine mutmasslich von der Hisbollah platzierte Autobombe das Gebäude der jüdischen Organisation Asociación Mutual Israelita Argentina (AMIA) zum Einsturz brachte. Daher gilt die Hisbollah in mehreren Staaten als terroristische Organisation und ist dort verboten. Dies ist etwa in den USA oder in Deutschland der Fall, nicht aber in der Schweiz.
Bombenanschläge auch im Ausland: 1994 traf es die jüdische Gemeinde in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires.Bild: EPA JULIO MENAJOVSKY
Hinzu kommt, dass die Hisbollah sich zum Teil durch Gelder finanziert, die sie im internationalen Waffen- und Drogenhandel verdient. So liefert sie Waffen nach Syrien oder in den Irak und ist am Cannabisanbau im Libanon beteiligt. Zudem ist sie in den Handel mit dem Amphetamin Captagon involviert, von dem grosse Mengen in Syrien hergestellt werden und das zu den meistgenutzten synthetischen Drogen im Nahen Osten gehört. Ferner profitiert die Hisbollah auch von ihrer Zusammenarbeit mit Kokain-Kartellen in Lateinamerika.
Lukrativer Drogenschmuggel: beschlagnahmte Captagon-Pillen, die in einer für den Export bestimmten Tee-Lieferung versteckt waren. Bild: AP
Wie ist die Hisbollah entstanden?
Die Hisbollah entstand 1982 und trat offiziell erst 1985 in Erscheinung, doch ihre Wurzeln reichen weiter in die Vergangenheit zurück. Schon Ende der Sechzigerjahre begannen sich die Schiiten im Libanon zu organisieren, und 1974 formierte sich eine schiitische «Bewegung der Benachteiligten» (Harakat al-Mahrumin), die eine stärkere Vertretung dieser benachteiligten Bevölkerungsgruppe im politischen System forderte. Die vom iranischstämmigen Imam Mussa Sadr gegründete Bewegung baute einen bewaffneten Arm auf, der unter dem Akronym «AMAL» – für «Afwag al-muqawama al-lubnaniyya» (Bataillone des libanesischen Widerstandes) – bekannt wurde.
Nach wie vor verehrt: Mussa Sadr (r.) zusammen mit Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah auf einem Plakat in der südlibanesischen Stadt Tyros. Bild: AP
Die prosyrische Amal-Miliz spielte eine bedeutende Rolle im libanesischen Bürgerkrieg (1975–1990), der mit Gefechten zwischen christlichen Milizen und aus Jordanien vertriebenen Kämpfern der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) begann. Die PLO hatte im Südlibanon mit Billigung muslimischer Kräfte zunehmend einen Staat im Staate gebildet. Ihre Stellungen im Südlibanon nutzte sie, um immer wieder Angriffe auf Ziele im Norden Israels durchzuführen. Dies wiederum führte zu Interventionen der israelischen Armee, die 1978 begannen und 1982 in eine massive Invasion mündeten.
Operation «Frieden für Galiläa»: Israelischer Panzer im Libanonkrieg 1982 in Beirut.Bild: AP
Der israelische Einmarsch, unter dem vornehmlich die verarmte schiitische Bevölkerung im Südlibanon und in Südbeirut zu leiden hatte, trug wesentlich zur religiösen Radikalisierung der Schiiten bei. Diese war allerdings bereits durch die Revolution im Iran befeuert worden, dessen mehrheitlich schiitische Bevölkerung seit Jahrhunderten mit den Schiiten des Libanons verbunden war – der sogenannte schiitische Halbmond erstreckt sich vom Iran über den Irak und Syrien bis zum Libanon. Nach dem Sturz des Schahs 1979 und der Errichtung einer islamischen Theokratie betrieb das von Ayatollah Chomeini angeführte Mullah-Regime den Export der islamischen Revolution.
Gründer der Islamischen Republik Iran: Ayatollah Ruhollah Chomeini (M.) 1979 kurz nach seiner Rückkehr in den Iran.Bild: AP NY
Der Iran war denn auch die treibende Kraft hinter der Gründung der Hisbollah nach dem israelischen Einmarsch 1982. Iranische Revolutionsgarden («Pasdaran») bauten in der Bekaa-Ebene Ausbildungslager für die neue Miliz auf, die über Syrien mit Waffen und Geld aus dem Iran alimentiert wurde. Der Hisbollah schlossen sich auch Kämpfer an, die sich religiös radikalisiert und von der zunehmend als korrupt empfundenen Amal abgespalten hatten.
Von Anfang an stand die Hisbollah im Dienst ihrer iranischen Geldgeber, mit denen sie nicht nur die religiöse Ausrichtung verband, sondern auch die antiwestliche und antiisraelische Gesinnung. Dies zeigte sich schon kurz nach ihrer Gründung, als Selbstmord-Attentäter der Hisbollah im April 1983 die US-Botschaft in Beirut und im Oktober gleichen Jahres den amerikanischen und den französischen Stützpunkt der Multinationalen Streitkräfte im Libanon, einer Friedenstruppe, angriffen. Dabei kamen Hunderte von Menschen ums Leben.
Verheerender Selbstmordanschlag: Das zerstörte Hauptquartier der US-Marines, die Teil der Multinationalen Streitkräfte im Libanon waren. Bild: EPA
Wie populär ist die Hisbollah?
Die Hisbollah hat sich im Libanon von einer kleinen Guerillatruppe zu einem bestimmenden Machtfaktor entwickelt. Dies ist ihr gelungen, weil sie sich von Anfang an nicht nur dem populären bewaffneten Kampf gegen den ungeliebten jüdischen Staat verschrieben und die palästinensische Sache vertreten hat, sondern auch stets karitativ tätig war. Überdies konnte sie sich als Sprachrohr des schiitischen Bevölkerungsteils etablieren, der im Vergleich zu den christlichen und sunnitischen Volksgruppen marginalisiert war.
Ein entscheidender Faktor ihrer Beliebtheit war jedoch stets der Widerstand gegen den übermächtigen israelischen Militärapparat. Der israelischen Armee gelang es im Libanonfeldzug 1982 zwar, die PLO aus dem Südlibanon zu vertreiben, doch sie sah sich danach mit der Hisbollah einem wesentlich zäheren Gegner gegenüber. Der Kampf gegen die israelische Armee und die mit ihr verbündete Südlibanesische Armee verschaffte der Hisbollah im Laufe der Neunzigerjahre auch über die Konfessionsgrenzen hinaus Sympathien in der libanesischen Bevölkerung.
Ungewöhnliche Unterstützung für die islamistische Miliz: Ihre Aktionen gegen die israelische Armee verschafften der Hisbollah Sympathien über die Konfessionsgrenzen hinweg.Bild: EPA
Der permanente Kleinkrieg der Hisbollah gegen die militärische Präsenz Israels in der südlibanesischen «Sicherheitszone» trug wesentlich dazu bei, dass die Führung in Jerusalem schliesslich im Jahr 2000 die letzten Einheiten aus dem nördlichen Nachbarland abzog. Von einer «Vertreibung» der israelischen Armee konnte freilich keine Rede sein, was die Hisbollah nicht daran hinderte, den Abzug als ebensolche zu feiern – bis heute. Tatsächlich bescherte der Rückzug Israels der Hisbollah einen enormen Prestigezuwachs. Hassan Nasrallah, seit 1992 bis zu seinem Tod Führer der Hisbollah, sagte dazu: «Im Jahre 2000 endete die Legende von Gross-Israel. Sie sagten uns immer, dass die israelische Armee unbesiegbar ist. Aber die Erfahrung im Libanon zeigt, dass diese Armee zu bezwingen, zu besiegen und zu demütigen ist.»
Treuer Handlanger des iranischen Mullah-Regimes: Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah trat nie in der Öffentlichkeit auf, liess seine Reden aber über den Hisbollah-TV-Sender Al Manar verbreiten. Bild: EPA
Eine kurzzeitige Sympathie-Einbusse erlebte die Hisbollah 2006, nachdem sie im israelischen Grenzgebiet eine Patrouille der israelischen Armee überfallen und mehrere Soldaten getötet sowie zwei weitere entführt hatte. Der massive israelische Gegenschlag führte zu Beginn dazu, dass viele Libanesen verärgert über diese folgenschwere Provokation der Hisbollah waren. Doch als die israelischen Angriffe immer mehr Opfer forderten und enorme Schäden an der Infrastruktur verursachten, kippte die Stimmung wieder zugunsten der Hisbollah.
Massive Schäden: Die israelischen Bombenangriffe im Libanonkrieg 2006 brachten auch die libanesischen Christen gegen Israel auf. Bild: AP
Innenpolitisch gelang es der Hisbollah, sich als Alternative zur korrupten libanesischen Politikerkaste darzustellen. Indem sie ein Netz von sozialen Einrichtungen aufbaute, Krankenhäuser unterhielt und Nahrungsmittel verteilte, gewann sie Sympathien unter den einfachen Leuten im Libanon, dessen staatliche Institutionen weitgehend dysfunktional waren und sind. Dies fällt umso mehr ins Gewicht, als der Libanon derzeit nicht nur politisch gelähmt ist, sondern seit 2019 auch in einer der schlimmsten Wirtschaftskrisen seiner Geschichte steckt.
Wer nicht über harte Währung verfügt, musste einen dramatischen Kaufkraftverlust hinnehmen. Davon sind grosse Teile der Bevölkerung betroffen; mittlerweile leben drei Viertel der Einwohner unter der Armutsgrenze. Davon profitiert die Hisbollah, die ihre Kämpfer und Angestellten in US-Dollar bezahlt, während etwa Staatsbedienstete ihr Salär in notorisch instabilen libanesischen Pfund erhalten. Eine als gemeinnützig anerkannte Organisation der Hisbollah verleiht zudem zinslose Kredite in Dollar.
Schlimmste Wirtschaftskrise in der Geschichte des Libanons: bei Protesten 2019 in Beirut zerstörter Bankomat.Bild: AP
Allerdings gibt es auch Anzeichen dafür, dass die Popularität der Hisbollah in letzter Zeit geschwunden ist. Schon ihre Einmischung im Bürgerkrieg in Syrien auf der Seite des Assad-Regimes schadete ihrem Ansehen im Libanon, da diese Parteinahme die konfessionellen Spannungen im Land verschärfte. Und sie verstärkte den Eindruck, die Hisbollah sei der verlängerte Arm der Mullahs in Teheran. Kritik an der Hisbollah wird mittlerweile nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand geäussert. Viele Libanesen halten nun auch die Hisbollah für korrupt: Angehörige ihrer Anführer führen oft genug ein vergleichsweise luxuriöses Leben, was in der von der Krise gebeutelten Masse nicht gut ankommt.
Die Hisbollah, die zahlreiche Kontrollstellen an den Grenzen, am Hafen und Flughafen besetzt, kann ausserdem günstig Waren aus dem Iran einführen, ohne Zoll zu bezahlen – auch dies gefällt nicht allen. Der Organisation wird auch die Verantwortung für die verheerende Explosion im Hafen von Beirut im August 2020 zugeschrieben, die mehr als 200 Menschen tötete. Die Hisbollah blockiert mit Gerichtsverfahren gegen den Untersuchungsrichter die Aufklärung der Katastrophe.
Zumindest bis zum Ausbruch des jüngsten Kriegs zwischen Israel und der Hamas hat auch die Solidarität der libanesischen Bevölkerung mit dem palästinensischen Freiheitskampf abgenommen – die Libanesen haben genügend andere Sorgen. Wie sich der Gaza-Krieg und vor allem die neuerliche Konfrontation mit Israel auf die Popularität der Hisbollah auswirken werden, bleibt abzuwarten.
Wie stark ist die Hisbollah?
Einst eine Truppe von Guerillakämpfern, ist die Hisbollah mittlerweile ein beachtlicher militärischer Faktor im Nahen Osten – sie gilt, nicht nur nach Einschätzung des Center for Strategic and International Studies, als der am stärksten bewaffnete nichtstaatliche Akteur der Welt. Für Israel stellt sie die grösste unmittelbare Bedrohung dar. Die Organisation ist ein sogenannter hybrider Akteur, das heisst, sie verfügt über Fähigkeiten der Kriegsführung in sowohl konventioneller als auch unkonventioneller Art.
Die militärische Stärke der Hisbollah beruht wesentlich auf der Unterstützung der Zivilbevölkerung, da sie im Kampf gegen einen konventionell überlegenen Gegner wie die israelische Armee auf Guerillataktiken zurückgreifen muss und Zivilisten als Schutzschild braucht. Weil die Zivilbevölkerung unter den Kampfhandlungen stark leidet, muss die Hisbollah ihre Aktionen rechtfertigen können – dies ist zugleich eine ihrer Schwächen.
Die letzte grosse militärische Konfrontation mit ihrem Erzfeind Israel hat die Hisbollah 2006 ausgefochten. Der israelischen Armee gelang es damals nicht, die in diesem asymmetrischen Krieg mit Guerillataktiken operierende Hisbollah zu zerschlagen – sie musste im Gegenteil schwere Verluste durch Panzerabwehrwaffen hinnehmen. Die Hisbollah konnte ihr Raketenarsenal bald wieder auffüllen, und die seit 1978 im Grenzgebiet stationierte UNO-Friedenstruppe Unifil, die genau dies verhindern sollte, blieb machtlos.
Schwere Verluste: ein von einer Rakete beschädigter israelischer Panzer im Libanon. Bild: AP
Raketen, die nach Angaben der Hisbollah Ziele in ganz Israel erreichen können, bilden das hauptsächliche Offensivpotenzial der Miliz. Sie sind ungleich wirkungsvoller als jene der Hamas und der stärkste Trumpf der Hisbollah. Mittlerweile verfügt sie nach unterschiedlichen Schätzungen über 40’000 bis 150’000 Raketen – mehr als die meisten regulären Armeen. Dazu kommt eine unbekannte Anzahl von Kampfdrohnen. Nur schon die Raketen sind in der Lage, die israelische Verteidigung – den bekannten Iron Dome – durch ihre schiere Zahl zu überwältigen. Die Abschusspositionen im Südlibanon schützt die Hisbollah mit leichten Infanterie- und Panzerabwehreinheiten.
Weit weniger opulent ausgerüstet ist die Hisbollah mit Luftabwehr-Raketen oder Seeziel-Flugkörpern. Ihre Bestände an Luftabwehr-Raketen, die eher geringe Reichweite besitzen, zwingen jedoch immerhin die israelische Luftwaffe, Angriffe in grösserer Höhe zu fliegen. Die Seeziel-Flugkörper, die die Hisbollah von Syrien erhalten hat, stellen indes eine nicht zu unterschätzende Gefahr für die israelische Marine dar. Allerdings gehen Experten davon aus, dass die Hisbollah nicht in der Lage ist, diese Waffen ohne iranische oder syrische Hilfe einzusetzen.
Gefahr für die israelische Marine: der Seeziel-Flugkörper Yakhont aus russischer Produktion. Bild: Wikimedia/Boevaya mashina
Bemannte Flugzeuge und Panzer besitzt die Hisbollah im Libanon nicht, da diese angesichts der absoluten israelischen Luftüberlegenheit schnell verloren gehen würden. In Syrien hingegen setzt sie ältere Panzer sowjetischer Herkunft ein. Was die Mannstärke betrifft, so behauptete Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah 2021, die Miliz verfüge über 100’000 Kämpfer. Der amerikanische Council on Foreign Relations schätzte den Bestand 2020 auf bis zu 20’000 aktive Kämpfer und etwa 20’000 Reservisten ein. Diese Hisbollah-Kämpfer sind allerdings bedeutend besser ausgebildet als jene der Hamas.
Gut ausgebildet: Kämpfer der Hisbollah bei einer Übung im Südlibanon.Bild: Wikimedia/Tasnim News Agency
Wer unterstützt die Hisbollah?
Geburtshelfer der Hisbollah war das Mullah-Regime im Iran, und der Iran ist nach wie vor der nachweislich wichtigste Geldgeber und Waffenlieferant der Hisbollah, wobei Teheran Waffenlieferungen dementiert. Die Miliz ist gleichsam eine Speerspitze der Islamischen Republik, mit der sie Israel bedroht, ohne in direkte Konfrontation mit dem jüdischen Staat treten zu müssen. Die antisemitische Rhetorik der Hisbollah unterscheidet sich nicht von jener der Mullahs in Teheran; beider erklärtes Ziel ist die «Befreiung Jerusalems». Diesem Zweck dient auch – trotz des schiitisch-sunnitischen Gegensatzes – das Bündnis mit der Hamas.
Die Hisbollah macht kein Geheimnis aus ihrem Bündnis mit Teheran. So sagte ihr Anführer Hassan Nasrallah einmal in einer Rede: «Wir müssen unseren Dank an die Islamische Republik im Iran richten. Sie gaben uns ihre Expertise und Erfahrungen. Sie brachten uns bei, was ein Kampfgeist ausmacht. Sie brachten für uns Opfer und Märtyrer und sie tun es auch bis heute noch.» 2016 erklärte er, das gesamte Budget der Hisbollah stamme aus dem Iran, und stellte fest: «Solange der Iran Geld hat, haben auch wir Geld.»
Gemäss Schätzungen der US-Regierung erhält die Hisbollah jedes Jahr mehrere hundert Millionen Dollar aus iranischen Kassen. Die Abhängigkeit von Teheran zeigt sich auch daran, dass die Hisbollah mit finanziellen Engpässen zu kämpfen hatte, als der Iran aufgrund internationaler Sanktionen und seiner Wirtschaftskrise über weniger finanzielle Mittel verfügte. Neben dem Iran unterstützt allerdings auch Syrien die Hisbollah, die überdies auch Spenden aus der libanesischen Diaspora erhält.